Ich habe lange keine brennenden Fahnen mehr gesehen.
"Neue Stimmen und neue Lieder
verkünden: »Wir sind wieder wer!«
und »Wer sind eigentlich wir?«
und ich frag mich: Was zum Teufel wollt eigentlich ihr?
Ach so, die neue deutsche Zeitrechnung
beginnt 1954 in Bern.
Und man zeigt jetzt wieder Flagge und Fahne,
und letzteres sogar gern."
(Muff Potter, "Punkt 9")
Eine der unbegabtesten und unsympathischsten Bands Deutschlands steht in den Startlöchern, um ihr neues Album anzukündigen. Es geht um die Sportfreunde Stiller und der Silberling wird (rechtzeitig zur WM) auf den Namen "You have to win Zweikampf" hören. Die Single lädt vorab schon zum Kotzen ein: "'54 - '74 - '90 - 2006" soll der Chartbreaker laut diversen Internetforen heißten (wobei ich auch schon von einem anderen Songtitel las, aber das ist nebensächlich). Auch ich durfte ihn auf einem Musiksender probehören.
Die drei Sportfreunde lassen uns eines wissen, was wir schon immer alle vermuteten: Dass ein ganzes Land hinter ihrer Mannschaft steht. Dass wir bereit sind, zu gewinnen. Gegen den Rest der Welt. Aber dazu war vor 70 Jahren auch schonmal jemand bereit.
Ja, Deutschland ist jetzt wieder wer, ohne Zweifel. Kein Grund mehr, auf alten Geschichten rumzureiten. Ein Volk, eine Mannschaft. Und wenn es sein muss, dann rücken wir auch ganz dicht zusammen. "Die Welt zu Gast bei Freunden", und mein Nachbar hängt die Deutschlandfahne in den Wind, während der vom Balkon gegenüber die Reichskriegsflagge hisst.
Die Sportfreunde Stiller besingen den deutschen Sieg und sind kurz davor, sich bei Paul van Dyk/Heppner ("Wir sind wir") und Mia einzureihen:
"Ein Schluck vom schwarzen Kaffee macht mich wach.
Dein roter Mund berührt mich sacht.
In diesem Augenblick, es klickt
geht die gelbe Sonne auf. (...)
Fragt man mich jetzt, woher ich komme
tu ich mir nicht mehr selber Leid.
Ich riskier was für die Liebe.
Ich fühle mich bereit.
Wohin das geht, das wollen wir wissen.
und betreten neues deutsches Land. "
(Mia, "Was es ist")
Mir scheint, das von Muff Potter prophezeite "Bratwurstwetter im Radio" nimmt zu.
Ja, man muss sich nicht mehr schämen, deutsch zu sein und deutsch zu denken, wie's scheint. Spätestens in diesem Jahr wird uns das allen klar sein... Und überhaupt, was soll das, dass man uns immer unsere Vergangenheit vorhält? Eine Frage, die sich Stammtischphilosophen schon seit Jahrzehnten stellen.
"'54 - '74 - '90 - 2006"? Ja, und auch noch "'33 - '39 - 88"!
"Mit warmen Visionen von Identität
und der Reflexion auf Nulldiät
wird Geschichte vertauscht, verdreht und umgekehrt -
hysterisch, wer sich da beschwert.
Und alte Werte im neuen Gewand
als warmer Mantel in stürmischen (Ge-)Zeiten.
Die Rückbesinnung aufs Heimatland
als sicheren Hafen in globalisierten Weiten."
(Muff Potter, "Punkt 9")
Insgesamt nimmt die ganze Lage extreme Formen an, auch jenseits jeglicher Popmusik. Nachdem bereits Günther Jauch rief: "Auch Du bist Deutschland!" und uns eine Rückbesinnung aufs Heimatland immer wieder subtil einmassiert wurde, scheint sich (zumindest für ein paar Monate) alles zu ändern! Zum Guten? Gelacht!
Die Fifa errichtet Bannmeilen um die WM-Stadien. Innerhalb dieser Bannmeilen darf keine Werbung errichtet sein - außer jene der Hauptsponsoren.
Man überlegt über einen Inlandseinsatz der Bundeswehr. Die Polizei wird verstärkt. Zwei Bullen knüppeln besser als einer. In dieses Fußballspektakel wird mehr Geld investiert, als das Bruttosozialprodukt eines mittelgtoßen Dritte-Welt-Landes beträgt.
"Autarkes Deutschtum auch im Pop
das Wir-Gefühl gibt’s noch on top.
Und ob du wirklich richtig stehst,
merkst Du, wenn Dir ein Licht aufgeht.
Bratwurstwetter im Radio,
modernes Gartenzwergniveau.
Und welcher Wind hier gerade weht,
wes Geistes Kind hier Wurzeln schlägt,
merkst Du, wenn Dir ein Licht aufgeht."
(Muff Potter, "Punkt 9")
Ich möchte mich nicht falsch verstanden wissen: Ich habe nichts gegen Fußball. Ich mag Fußball sehr. Aber ich habe etwas gegen die Tendenzen in diesem Land, die gerade jetzt extremst zunehmen.
Ich möchte, dass Deutschland so früh wie möglich rausfliegt. Ich möchte, dass Deutschland nach 61 Jahren wieder im eigenen Land verliert (Ha! Der Satz ist klasse)!
Damit ich in Ruhe den Rest der WM genießen kann.
Man sagt mir, ich tendiere dazu, mit der Holzhammermethode zu argumentieren. Bitteschön, ich setz noch einen drauf:
Nach zwei verlorenen Weltkriegen ist das einig-freie Vaterland bereit, endlich zu gewinnen.
Ich bin zu stolz, um deutsch zu sein!
"Und, was hältst du davon?"
"Beko, ehrlich: Mit diesem Blogeintrag wirst du Stammleser verlieren."
Wahrscheinlich.
verkünden: »Wir sind wieder wer!«
und »Wer sind eigentlich wir?«
und ich frag mich: Was zum Teufel wollt eigentlich ihr?
Ach so, die neue deutsche Zeitrechnung
beginnt 1954 in Bern.
Und man zeigt jetzt wieder Flagge und Fahne,
und letzteres sogar gern."
(Muff Potter, "Punkt 9")
Eine der unbegabtesten und unsympathischsten Bands Deutschlands steht in den Startlöchern, um ihr neues Album anzukündigen. Es geht um die Sportfreunde Stiller und der Silberling wird (rechtzeitig zur WM) auf den Namen "You have to win Zweikampf" hören. Die Single lädt vorab schon zum Kotzen ein: "'54 - '74 - '90 - 2006" soll der Chartbreaker laut diversen Internetforen heißten (wobei ich auch schon von einem anderen Songtitel las, aber das ist nebensächlich). Auch ich durfte ihn auf einem Musiksender probehören.
Die drei Sportfreunde lassen uns eines wissen, was wir schon immer alle vermuteten: Dass ein ganzes Land hinter ihrer Mannschaft steht. Dass wir bereit sind, zu gewinnen. Gegen den Rest der Welt. Aber dazu war vor 70 Jahren auch schonmal jemand bereit.
Ja, Deutschland ist jetzt wieder wer, ohne Zweifel. Kein Grund mehr, auf alten Geschichten rumzureiten. Ein Volk, eine Mannschaft. Und wenn es sein muss, dann rücken wir auch ganz dicht zusammen. "Die Welt zu Gast bei Freunden", und mein Nachbar hängt die Deutschlandfahne in den Wind, während der vom Balkon gegenüber die Reichskriegsflagge hisst.
Die Sportfreunde Stiller besingen den deutschen Sieg und sind kurz davor, sich bei Paul van Dyk/Heppner ("Wir sind wir") und Mia einzureihen:
"Ein Schluck vom schwarzen Kaffee macht mich wach.
Dein roter Mund berührt mich sacht.
In diesem Augenblick, es klickt
geht die gelbe Sonne auf. (...)
Fragt man mich jetzt, woher ich komme
tu ich mir nicht mehr selber Leid.
Ich riskier was für die Liebe.
Ich fühle mich bereit.
Wohin das geht, das wollen wir wissen.
und betreten neues deutsches Land. "
(Mia, "Was es ist")
Mir scheint, das von Muff Potter prophezeite "Bratwurstwetter im Radio" nimmt zu.
Ja, man muss sich nicht mehr schämen, deutsch zu sein und deutsch zu denken, wie's scheint. Spätestens in diesem Jahr wird uns das allen klar sein... Und überhaupt, was soll das, dass man uns immer unsere Vergangenheit vorhält? Eine Frage, die sich Stammtischphilosophen schon seit Jahrzehnten stellen.
"'54 - '74 - '90 - 2006"? Ja, und auch noch "'33 - '39 - 88"!
"Mit warmen Visionen von Identität
und der Reflexion auf Nulldiät
wird Geschichte vertauscht, verdreht und umgekehrt -
hysterisch, wer sich da beschwert.
Und alte Werte im neuen Gewand
als warmer Mantel in stürmischen (Ge-)Zeiten.
Die Rückbesinnung aufs Heimatland
als sicheren Hafen in globalisierten Weiten."
(Muff Potter, "Punkt 9")
Insgesamt nimmt die ganze Lage extreme Formen an, auch jenseits jeglicher Popmusik. Nachdem bereits Günther Jauch rief: "Auch Du bist Deutschland!" und uns eine Rückbesinnung aufs Heimatland immer wieder subtil einmassiert wurde, scheint sich (zumindest für ein paar Monate) alles zu ändern! Zum Guten? Gelacht!
Die Fifa errichtet Bannmeilen um die WM-Stadien. Innerhalb dieser Bannmeilen darf keine Werbung errichtet sein - außer jene der Hauptsponsoren.
Man überlegt über einen Inlandseinsatz der Bundeswehr. Die Polizei wird verstärkt. Zwei Bullen knüppeln besser als einer. In dieses Fußballspektakel wird mehr Geld investiert, als das Bruttosozialprodukt eines mittelgtoßen Dritte-Welt-Landes beträgt.
"Autarkes Deutschtum auch im Pop
das Wir-Gefühl gibt’s noch on top.
Und ob du wirklich richtig stehst,
merkst Du, wenn Dir ein Licht aufgeht.
Bratwurstwetter im Radio,
modernes Gartenzwergniveau.
Und welcher Wind hier gerade weht,
wes Geistes Kind hier Wurzeln schlägt,
merkst Du, wenn Dir ein Licht aufgeht."
(Muff Potter, "Punkt 9")
Ich möchte mich nicht falsch verstanden wissen: Ich habe nichts gegen Fußball. Ich mag Fußball sehr. Aber ich habe etwas gegen die Tendenzen in diesem Land, die gerade jetzt extremst zunehmen.
Ich möchte, dass Deutschland so früh wie möglich rausfliegt. Ich möchte, dass Deutschland nach 61 Jahren wieder im eigenen Land verliert (Ha! Der Satz ist klasse)!
Damit ich in Ruhe den Rest der WM genießen kann.
Man sagt mir, ich tendiere dazu, mit der Holzhammermethode zu argumentieren. Bitteschön, ich setz noch einen drauf:
Nach zwei verlorenen Weltkriegen ist das einig-freie Vaterland bereit, endlich zu gewinnen.
Ich bin zu stolz, um deutsch zu sein!
"Und, was hältst du davon?"
"Beko, ehrlich: Mit diesem Blogeintrag wirst du Stammleser verlieren."
Wahrscheinlich.
Beko - 8. Apr, 18:18 - in Rubrik: Gedankensudelei
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