Gedankensudelei

Mittwoch, 20. Dezember 2006

Nachtragend.

Es war ein wunderschöner Maimorgen. Die Vögel sangen eine mir unbekannte Melodie, die warmen Sonnenstrahlen legten sich über die Häuser, Straßen und Wege. Ich verließ das Haus und schloss die Tür hinter mir. Auf der Straße kam mir meine Nachbarin entgegen, ich lächelte nett und ließ sämtliche von meinen Eltern mir vermittelte Etikette walten: Ich grüßte sie freundlich. Sie sah mich nur verstört an und ich fühlte irgendwie, dass sie mir hinterherblickte.
In der Straßenbahn saß mir ein älteres Ehepaar gegenüber und unterhielt sich angeregt. Aufmerksam versuchte ich Wortfetzen zu erhaschen um mir den Inhalt des Dialoges daraus zusammenzustricken. Sie blickten zu mir herüber und sahen mich erschrocken an; die Dame schüttelte den Kopf und flüsterte ihrem Gatten etwas ins Ohr, woraufhin auch dieser den Kopf schüttelte.
Als ich in den Bus umstieg, sah mich der Busfahrer - ein Herr Ende 30, unrasiert und mit schlechtem Gebiss - ungläubig an. Ich bin mir sicher, dass auch er mir hinterherstarrte. Ich ging durch die Sitzreihen, vorbei an all diesen mir nicht bekannten Gesichtern und Masken. Jeder schien von mir Notiz zu nehmen - und jeder starrte mir ins Gesicht. Ich hörte Raunen und Seufzen, Stöhnen und Knurren. Köpfe wurden geschüttelt, Augenbrauen hochgezogen; eine jüngere Frau schluckte sichtlich und hörbar. Irritiert von diesem Schauspiel nahm ich Platz.
Hinter und neben mir starrten mich viele Augenpaare an, sie versuchten unauffällig zu sein, doch bei Gott: Es gelang ihnen nicht. Selbst der Fahrer warf immer wieder einen Blick in den Rückspiegel und schleuderte sein Antlitz in das meine.

Nach langen Minuten stieg ich aus und ich wurde das Gefühl nicht los, dass der gesamte Bus mir hinterherschaute. Auch auf dem kurzen, darauf folgenden Fußweg blickten mir Menschen erschüttert ins Gesicht und versuchten daraufhin, möglichst unauffällig wegzusehen. Ich zog meinen Kopf immer tiefer zwischen die Schultern, doch ich konnte ihren erkalteten, erschrocken, erschütterten und - ja, das trifft es wohl - verzweifelten Blicken nicht entgehen.

Auf der Arbeit sahen mich meine Kollegen mit großen Augen an, ich vernahm leises Geflüster hinter meinem Rücken. Schweiß perlte von meiner Stirn; langsam ging ich zur Toilette. Ich stellte mich vor den Spiegel und sah hinein; was ich sah machte mich lächelnd: Auf meiner Stirn stand (in großen Lettern geschrieben):
Ich habe dem System noch nicht verziehen.


Sonntag, 10. Dezember 2006

Ich werde wohl immer ein Fenster- und Parkbänker bleiben.

Menschen, die ich nicht kenne und die mir im Grunde nichts bedeuten - deren Geschichten mich aber dennoch berühren -, gehen durch die kalten Straßen dieser grauen, alten Stadt. Sie schnüren den Mantel fester und vergraben ihre Gesichter im Schal. Sie fluchen auf den kalten Wind und scheinen zu vergessen (oder zu übersehen), dass er es ist, der die Melodie vorgibt, auf der die bunten Blätter durch die Straßen tanzen. Sie gehen an mir vorbei und ich frage mich wieder einmal, woher sie wohl kommen, was sie erlebt haben und wohin sie gehen werden. Die Kopfhörer lassen mein Trommelfell beben, der Beat lässt mein Herz schneller schlagen und die Menschen um mich herum machen mich lächelnd.

Es muss Monate später sein. Der Schnee knirscht unter meinen Füßen, ächzend unter der Last meines Körpers und meiner Seele. Ich gehe einen kleinen Umweg, über den unter einer weißen Decke liegenden gefrorenen Boden. Nie im Leben möchte ich das Gefühl verlieren, wenn die Füße eine unberührte, reine Schneedecke knirschend durchbrechen. Leaving tracks in untouched snow. Ich kenne den Weg, der zu meiner kleinen Parkbank führt. Die Handschuhe wischen über das Holz, um es vom weißen Schnee zu befreien.
Menschen gehen an mir vorüber, keine Notiz nehmend. Dort drüben geht ein Mann, gezeichnet von ca 40 Jahren des Überlebens. Ich frage mich, wieviel er wohl gekämpft hat. Um seine erste große Liebe, um einen Job zu bekommen, mit dem er seine Kinder ernähren kann. Wieviel Kampf er in den Erhalt seiner Ehe gesteckt hat.

Und irgendwo, in dieser mir immer noch so fremden Stadt, sitzt ein Vogel auf dem Dach und besingt die Sonne, die mit ihren güldenen Schein sanft die Straßen und Passagen bedeckt.
Und irgendwo, in dieser mir seltsamerweise doch so vertrauten Stadt, sitzt ein Mensch auf seiner Fensterbank, gehüllt in Decken und Musik, umgeben von Kerzen, starrt auf die Straße vor seinem Haus und schließt dann die Augen. Ein letztes Mal öffnet er sie - nur für einen winzigen Moment - um einen Blick auf die Mütter zu werfen, die sich gegenüber unterhalten und dabei die Kinderwagen leicht hin- und herschaukeln

Und wenn man genau hinsieht, kann man ein Lächeln über seine Lippen huschen sehen. Und still fragt er sich, warum Menschen ihn so sehr berühren, die ihn doch eigentlich gar nicht interessieren. Er liebt sie und so vieles von dem was sie tun, um zu erhalten was sie sind und was sie haben. Er liebt sie auf seine eigene stille Art und Weise.


Samstag, 9. Dezember 2006

Träume (Rekonstruktion der Fetzen einer nächtlichen Erinnerung).

Wenn man tief eingemummelt in seiner rote Bettwäsche die Augen schließt und sich die Träume wie seidene Fäden über Bett, Körper und Gesicht legen, beginnt die Zeit, in der scheinbar unglaubliche und unwirkliche Dinge beginnen, Realität zu werden; zumindest für die nächsten paar Stunden.

Meine letzte Nacht sah in etwa so aus: Ich habe alle meine Kurzgeschichten an einen kleinen Buchverlag geschickt, welcher von diesen durchaus angetan war. So entschloss sich der Verlag, meine Geschichten als Buch zu veröffentlichen. Dieses Druckwerk wurde - nun ja, ich sage es nicht ohne Stolz (mit dem maximalen Stolz, den man für ein nächtliches Hirngespinst entwickeln kann) - ein kleiner Erfolg auf dem deutschen Popliteraturmarkt. Man könnte es quasi - da es ja mein Debüt war - als Achtungserfolg bezeichnen.
Doch auch kleine Achtungserfolge können große Kreise ziehen und so kam es, dass ich zu Harald Schmidt (ein Gott) eingeladen wurde und wir uns über meine Geschichten, mein Buch und Popmusik unterhielten. Harald (hey, ich hab [im Traum] mit ihm "Backstage" Fanta getrunken; ich darf ihn duzen) war sehr angetan von meinen Geschichten und den Eckpunkten Liebe, Suizid und Musik, die in ihnen immer wieder durchschimmerten. Man verstand sich blendend, sowohl vor als auch hinter der Kamera; und zum Schluss fragte er mich nach den fünf besten Popalben aller Zeiten.

Und um fünf klingelte der Wecker, der mir mit zynischem Läuten zu verstehen gab: Zeit, zur Arbeit zu fahren.
Was tut man nicht alles, um sich Liebe, Suizid und Musik leisten zu können?
Vielleicht bekomme ich ja auch mal irgendwann meine 15 Minuten Ruhm.


By the way: Das erinnert mich daran, dass ich in meinem Blog noch 4 - 5 unveröffentlichte Kurzgeschichten habe. Ich werd' sie irgendwann wohl mal überarbeiten und veröffentlichen. Vielleicht applaudiert ja jemand.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen,
ein unbekannter Träumer.


Donnerstag, 7. Dezember 2006

Die Zwölfe zum Gruß! (Tomorrow I'll play God.)

Ich erinnere mich noch genau: Vor vielen Jahren, damals in Astfeld, hing eine Landkarte bei mir an der Wand, eine Landkarte von einem Kontinent. Nein, nicht etwa Asien, Europa oder Afrika, nein: Von Aventurien.
Es war eine meiner vielen Heimaten (gibt's diesen Plural überhaupt?). Ich zog mit vielen anderen tapferen Recken durch das Unterholz, durch heiße Steppen und kalte Passagen; das Schwert lag so natürlich in meiner Hand, als es sei die Verlängerung meiner Arme (meiner Seele). Goblins, Orks und Oger wurden zur Strecke gebracht, Prinzessinnen gerettet und abends wurde in der Taverne das Premer Feuer (hieß das so?) heruntergespült.
Doch irgendwann verließ ich Aventurien, deponierte das Schwert im Keller, legte meine Wams zu den Akten, in denen ich fortan mein weiteres Leben archivieren sollte.

Doch ab und an, wenn es dunkel ist, habe ich wieder den Geruch von Met und Abenteuern, von verbrannten Steppen und Schweinebraten in der Nase. Es ist, als würde ich - nach all den Jahren - wieder kaltes Leder und kalten Stahl auf meiner Haut spüren.
Ich habe heute den Koffer hervorgeholt. In vielen Koffern überall auf der Welt befinden sich Rechnungen und Akten, Stifte, Anspitzer und Pornohefte. Doch in meinem Koffer - nein, verstehen Sie mich bitte nicht falsch: es ist nicht ein Koffer, es ist der Koffer - existieren Welten, sterben Existenzen, werden Götter verehrt. In meinem Koffer, den ich all die Jahre wie einen Goldschatz (und mit Verlaub, ebendieses ist er; mitnichten weniger wertvoll) behütete, wartet eine andere - eine bessere, geilere - Welt auf alle, die bereit sind, zumindest für wenige Stunden ihr altes Leben abzuwerfen, zu vergessen.

Ich werde mich wieder auf den Weg machen, in Kürze. Ich bin fest entschlossen, weil ich gebraucht werde. Wer bereit ist zu kämpfen, der nehme Pfeil & Bogen, Schwert, Axt, Zweihänder oder Rapier und folge mir.
Bastian zog es vor vielen Jahren zurück nach Phantásien, weil er gebraucht wurde. Ich kehre zurück nach Aventurien. Weil man mich braucht. Wer wird mir folgen?


Gut, ich gebe zu: Ich habe bei Curse geklaut.


Mittwoch, 8. November 2006

Finger weg von meiner Paranoia (die war mir immer lieb und teuer).

»Wer den deutschen Tiefbau kennt,
kann nicht die Frechheit übersehen,
mit der sich die Lüge hier eine Schneise fräst.
Sag, dass ich mich irre und ich weiß,
auf wessen Seite du jetzt stehst.«

(Element of Crime, "Finger weg von meiner Paranoia")

Paranoia?

Man sagt mir nach, ich sei paranoid. Ich bezeichne es lediglich als "vorsichtig". Und wer jetzt behauptet, die Ecke des Päckchens sei aufgerissen und nicht aufgeschnitten, bekommt was aufs Dach.


Scheiß Staatsschutz.


Mittwoch, 30. August 2006

Weise Worte, alter Mann.

In der Straßenbahn saß mir ein älterer Herr gegenüber. Seine Gesichtszüge waren kantig und markant, die Falten seiner Haut wie Schluchten eines Gebirges. Ein Tremor ließ die Muskeln seiner rechten Hand nicht zur Ruhe kommen, und auch die linke schien ihm nicht mehr ganz zu gehorchen. Es war unmöglich zu schätzen, wie alt er sein mochte, doch ich unterstelle, dass dies ab einem gewissen Alter ohnehin belanglos ist. Für einen Moment dachte ich, er würde mich anstarren, doch dann sah ich die Leere in seinem Blick. Er redete vor sich hin, leise, fast schon flüsternd. Wortfetzen, deren Sinn und Zusammenhang ich nicht verstand. Monoton und unabdingbar, und doch sensibel und verletzlich.
Und mit einem Mal - wie aus dem Nichts - füllten sich seine Augen mit Leben und bekamen einen sonderbaren Glanz. Er hielt inne und sagte dann (laut & deutlich): "Man kann nicht immer Sieger sein!", nur um dann wieder in die alte Monotonie (man möchte fast sagen: Apathie) zurückzufallen und wieder ein Sklave seines alternden Körpers zu werden.
Ich sah ihn mit großen Augen an, musste schmunzeln und dachte mir: "Weise Worte, alter Mann."


Sonntag, 27. August 2006

Dies ist ein Wald wie jeder andere - oder?

Kleine Äste zerbarsten knackend unter meinen Schritten. Das grüne Gras wiegte im Wind. Langsam schritt ich durch das immergrüne Unterholz, die Gegend betrachtend. Warme Luft füllte meine Lungen und meine Nase. Sie roch einzigartig. Sensibel, frisch, unberührt. Jungfräulich. Die Stille war nahezu bezaubernd, als ich plötzlich gleichmäßige Geräusche vernahm: Das Geräusch galoppierender Pferde.
Meine Augen suchten die Gegend ab und in Windeseile sprang ich hinter den nächsten Baum am Rande der Lichtung. Im Schatten und Schutz dieser alten, knochigen Eiche kletterte ich an ihr empor, hangelte ich mich von Ast zu Ast. Elf Fuß über dem Boden drückte ich mich in das Blätterwerk und harrte dem, was kommen mochte. Zwei berittene Männer kamen den Waldweg entlang; sie waren in grüne Wämser gekleidet und einer trug eine Feder am Hut. Es schien, als wären sie Jäger.

Genau unter dem Baum, in dessen Geäst ich mich verkrampft festhielt, stoppten sie ihre Pferde. Der ältere strich sich sein schwarzes Haar aus dem Gesicht und deutete dem jüngeren, still zu sein. "Ich fühle mich seltsam in diesem Wald. Tiere in einem Einhorn-Wald lernen mit der Zeit alle selbst ein wenig zaubern; vor allem was das Verschwinden betrifft."
Ungläubig starrte der jüngere Jäger den älteren an: "Einhörner? Ich dachte die gibt es nur in Märchen. Dies ist ein Wald, wie jeder andere - oder?"
Ein leichtes Lächeln huschte über das wie aus Stein gemeißelte Gesicht des älteren Jägers. Er wandte sich seiner Begleitung zu und schaute ihn schweigend an. Nach einer kurzen Pause sprach er: "Und warum sieht man dann hier nie die Blätter fallen, oder Schnee? Warum ist immer Frühling hier? Ich sage dir, ein Einhorn gibt es noch auf der Welt, und solange es in diesem Wald lebt, finden wir hier kein Wild zum Jagen."
Der jüngere schaute sich ungläubig um, sein Blick schien verzweifelt Ungereimtheiten zu suchen. Das rote Haar wehte im Wind, der langsam aufzog. Resigniert zog er die Schultern hoch und sprach, fast schon flüsternd: "Laß uns umkehren.", und während er an den Zügeln seines braunen Pferdes zog, fügte er hinzu: "Jagen wir woanders."

Die Adern an meinen Armen traten hervor und die Finger schmerzten vom krampfhaften Festhalten, als die Jäger mit ihren Pferden umdrehten und in die Richtung, aus der sie kamen, zurückritten. Plötzlich hörte ich auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung ein Rascheln im Unterholz. Ich blickte hinüber und entdeckte die Schemen einer Kreatur. Ich kniff die Augen zusammen, um jene Kreatur besser zu erkennen. Die Augen tränten und ich erkannte in den Schemen ein Pferd. Ein weißes Pferd mit einem Horn auf der Stirn.

Die Jäger hatten mittlerweile den Waldesrand erreicht und hielten dort noch einmal inne. Der ältere der beiden blickte zurück und starrte stumm auf die Lichtung. Dann rief er: "Bleib wo Du bist, armes Geschöpf! Dies ist keine Welt für Dich. Bleib in Deinem Wald und halte Deine Bäume grün und beschütze Deine Freunde. Und viel Glück, denn Du bist das Letzte." Noch bevor seine Worte im Echo der Bäume verklangen, setzten die beiden Jäger ihre Pferde in Bewegung und ritten davon. Eine kurze Zeit war noch das gleichmäßige Geräusch der Hufen zu hören, bis sich letztendlich wieder die Stille über den Wald legte, einem dunklen schweren Tuch ähnelnd.
Ich schaute hinüber, auf die andere Seite der Lichtung. Noch immer stand das weiße Pferd dort, es hielt seinen Kopf gesenkt. In seinen Augen glaubte ich, tiefe Trauer zu erkennen.


Sonntag, 20. August 2006

Dieser Blogeintrag ist - wie sollte es anders sein - Frau Dr. Erika Fuchs gewidmet.

Ich erinnere mich noch gut (oder zumindest glaube ich mich gut zu erinnern): Mein Vater war nie ein großer Fan von Comics und erklärte meinen inflationären Gebrauch der Jugendsprache als Indiz für die negativen Einflüsse dieser buntbebilderten Heftchen. Und heute? Ich glaube, die Donald Duck Comics standen meinen sprachlichen Fähigkeiten nicht im Wege (- wer das anders sieht, möge jetzt sprechen oder für immer schweigen).
Entenhausen ist überall. Und ich war überall zuhause. Tränen gelacht und Seite um Seite verschlungen. Ich liebe Carl Barks für all die Zeichnungen und Geschichten, die mein Leben deutlich verschönerten. Ich danke Don Rosa für die Nachhilfe in amerikanischer Geschichte. Ich danke Vicar für ein gutes Stück Kindheit und Jugend.
Es ist schön, nicht mehr auf das Taschengeld angewiesen zu sein. Man kann in den Comicladen gehen und sich all diese schönen (und teuren) Sammelbände zulegen, die jedes Bücherregal zieren.

Was wäre ich ohne diese beschnabelte Familie gewesen? Wo wäre ich heute? L.Y.B.E.


Samstag, 19. August 2006

Möppelbro (Du wirst mich finden).

Ich bin nicht der, der Dir die Hand gibt und in seinen Taschen ein Messer trägt.
Ich bin der, der Dir mit den Händen in den Taschen "Hi" sagt, und kein Platz für ein Messer hat.

Ich bin nicht der, der mit vielen Worten wenig sagt.
Ich bin der, der nickt und Dich versteht.

Ich bin nicht der, der Dich mit falschen Umarmungen überhäuft.
Ich bin der, der Dir auf die Schulter klopft, und es so meint.

Ich bin nicht der, der Dich mit vielen Worten bemeitleidet.
Ich bin der, der schweigt, weil er das auch kennt.

Ich bin nicht der, der geht, während Du noch auf der Bühne stehst.
Ich bin der, der noch applaudiert, wenn Du die Bühne schon längst verlassen hast.

Ich bin nicht der, dessen Telefon ständig besetzt ist, wenn Dinge auch nur ein kleines bisschen schief laufen.
Ich bin der, der vor Deiner Tür auf Dich wartet, wenn der Himmel über Dich uns zusammenstürzt.

Du wirst mich finden. Ich bin der, der mit dem Tandem vor der Tür steht.


Sonntag, 13. August 2006

Dicke Fußgelenke finde ich tendenziell ja eher unästhetisch.

Auch ich pflege zuweilen, zwischenmenschliche Kontakte aufrecht zu erhalten. So verschlug es mich auch jüngst wieder in eine üble, zwielichte Spelunke in Deutschlands Exopstadt. Zu meiner Seite befand sich Chris, ein hochgewachsener Mittzwanziger, und wir widmeten uns dem, was man an solch einem Ort am Besten tun kann: Philosophieren. Und schon kam Chris mit einer schwerwiegenden Frage um die Ecke: Was sollte auf Deinem Grabstein stehen? In Anbetracht der Tatsache, dass man sonst eher selten in den Genuss und die Gelegenheit kommt, seinen Grabestext selbst zu bestimmen, blieb ich der Antwort nicht lange schuldig: "Immerhin war er Teil einer Subkultur." Betroffenes Schweigen und Ins-Bierglas-Starren, dann schallendes Gelächter.

Ja, Subkulturen. Geißel der Dörfer und Bestandteil der Städte. In jeder Stadt auf der ganzen Welt findet man sie, diese Jugendlichen, die sich irgendwo zugehörig fühlen. Die etwas ausdrücken wollen. Und was sollte mehr Spaß machen, als mit all seinen Freunden, die haargenau das gleiche PLO-Tuch, die gleichen Buttons und die gleichen Boots tragen, im Kollektiv seine Nonkonformität zu bekunden? Wer möchte es dem HipHopper verübeln, wenn er sich in einem "Szeneladen" für 50€ ein freshes aber vor allem tightes Basecap kauft, nur um seine Street Credibility zu demonstrieren? Schließlich will jeder von uns später einmal sagen können: "Ich bin dabei gewesen!"

Eine Subkultur kommt nun einmal nicht - und das ist schon seit den Mods, den Teds, den Was-weiß-ich-wer so - ohne Dresscode aus. Man könnte den Dresscode ruhigen Gewissens als den Türsteher der Szene bezeichnen: Du kommst hier nicht rein!
Subkulturelle Kleidungsstile versprühen Charme unter den Szeneangehörigen. Wie oft sagte ich bereits: "Also, ich muss schon sagen, die roten Schnürsenkel in ihren 14-Loch sehen verdammt sexy aus!" Ein Vorteil der Subulturen liegt auch darin, dass sie in der Regel überregional vertreten sind. Man brauchte nur in eine beliebige Stadt fahren, den Bahnhof aufsuchen und man fand direkt ein paar Bunthaarige. Subkulturen vereinen Völker. Nur leider ist es dem Staat ja auch bisher herzlich egal gewesen, ob man in Bonn, Braunschweig oder Bad Oeynhausen auf ihn scheißt.

Ja, zum Dresscode gehören auch immer die Schuhe. In den Szenen, in denen ich die letzte Dekade lang verkehren durfte, erfreuten sich Boots, Chucks und Vans nahezu zeitloser Beliebtheit. Mir kam dieser Trend auch immer sehr zugegen, sind doch zumindest die beiden erstgenannten meist knöchelhoch. Menschen, die mich kennen, wissen um die Tatsache, dass ich kein großer Freund von Füßen bin - ja, diese im Allgemeinen sogar eher für erschauernswert halte. Würde eine Partei in ihr Programm die Forderung "Gratis Gummistiefel (kniehoch!) für alle Bundesbürger!" aufnehmen, so wäre ihnen meine Stimme sicher.

Nicht an Dresscodes gebundene und subkulturlose Menschen haben es diesbzeüglich einfacher: Sie dürfen bar jedem schlechten Gewissen jegliche modische Perversion mitnehmen. Und so sieht man gerade in den Sommermonaten so allerlei Füße in Sandalen und FlipFlops, die Pumps und die Sandaletten reichen sich die Klinke in die Hand. Gerne wird der Grad der Abscheulichkeit noch heraufgeschraubt, man lackiert sich die Fußnägel (am Schlimmsten: Rot) und trägt Fußkettchen. Und wenn das Augenmerk auf eben ein solch beschuhtes Paar Füße fällt, so springt mir gerne mal eine Sache ins Auge: Dicke Fußgelenke. Ich persönlich finde dicke Fußgelenke tendenziell ja eher unästhetisch. Und nun mag mir manch garstig Seelchen eine gewisse Oberflächlichkeit unterstellen, von der ich mich jedoch im gleichen Atemzug wieder distanzieren möchte: Sollte meine zukünftige Ehefrau in ein paar Jahren in der Hochzeitsnacht (zum ersten Mal seit unserer Bekanntschaft) die kniehohen Gummistiefel ausziehen und mir (zum ersten Mal) ihre dicken Fußgelenke zeigen, so würde ich den Teufel tun, sie aus dem Bett, dem Haus, dem Land zu verbannen.
Man ist schließlich Humanist. Mit Geschmack und einem Sinn für Ästhetik.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


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pollon - 8. Apr, 04:28
In der Tat: Ohne Worte.
"Ich glaube an den friedlichen Protest und keine Tiere...
Lone - 24. Feb, 19:11
God damn it.
Der Kerl heißt ja "McClane" und nicht "McLane". :(
Lone - 21. Feb, 17:45
Heiliger Shice!
Lone - 21. Feb, 15:13
öööööhm?
Wie war das gedacht mit einem Beitrag wöchentlich?...
Lone - 25. Dez, 15:58


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