Gedankensudelei

Donnerstag, 10. August 2006

Schonmal drüber nachgedacht?

Mit 9/10/11/12/13/... standen wir mit dem Tennisschläger (oder mit der Luftgitarre) vorm Spiegel und posten wie die Großen, wie Farin Urlaub, Van Halen oder Lemmy.
Aber geiler is' schon, man hat 'ne richtige Gitarre.


Mittwoch, 9. August 2006

So alt wie nötig. So jung wie möglich.

Die Befürchtung schlief wie ein Vulkan.
Mitten in der Nacht wurde ich wach, weil ich mal wieder nichts gehört hatte. Langsam stieg ich aus dem Bett, die Hände tasteten im Dunkel nach der Taschenlampe. Hätte ich das Licht angemacht, so hätten sie sich - sollten sie tatsächlich noch existent sein - verkrümelt, bevor mein Auge sie erblicken könnte. So stand ich da, mitten im dunklen Zimmer, die Taschenlampe in der Hand festkrallend, mich zu allen Seiten umsehend. Ein einsames Auto fuhr draußen auf der Straße vor meinem Haus vorbei. Die Schatten, die es in meinem Zimmer hinterließ, wirkten weder komisch noch gespentisch oder seltsam. Ich kniete mich vors Bett - keine Augen blitzten mich an. Ich machte schnell die Taschenlampe an, doch es war kein Monster zu sehen.
Resigniert stand ich auf und ging zum Lichtschalter. Ein Blick durch den um drei Uhr morgens künstlich erhellten Raum: Nichts sonderbares zu erklicken. Ich öffnete den Kleiderschrank, um zu schauen, ob der Drache mit dem Husten noch da ist, den ich seit Jahren vermisste. Doch auch im Schrank herrschte nur gähnende Leere bzw penible Ordentlichkeit. Ich durchwühlte das ganze Zimmer nach Feen und Elfen, Hexen und Zwergen, Dinosauriern und Außerirdischen, doch ich fand: Nichts. Als ich aufgab, fiel mir ein zusammengerollter Zettel in die Hände. Ich hoffte auf eine Schatzkarte und rollte das Papier mit zitternden Händen aus. Meine Blicke folgten den Buchstaben, und nach den Blicken kam die Enttäuschung: Es war keine Schatzkarte, nein, es war nur ein einziger Satz darauf zu lesen:
Du bist alt geworden.

Gestern Abend, beim Aufräumen, fand ich ein altes Buch. Der Schutzumschlag war schon abgenutzt, und auch die Seiten wirken abgegriffen und waren teilweise eingerissen. Ich pustete den Staub weg, der in einer dichten Wolke zu allen Seiten stob. Ich fuhr über diese alten Seiten und Erinnerungen kämpften sich durch das Dickicht meines Gedächtnisses, um dann in Form salziger Tropfen aus meinen Augen heraus die Wangen herabzulaufen. Ich holte tief Luft und war bereit für den Kampf und den Krieg; die Schlacht, die ich mit den Helden dieser Seiten bereits vor vielen Jahren schon vielfach gewann.
Die Zeit schwamm vorbei und die Gestirne folgten ihrem Lauf: Der Mond löste die Sonne ab, und mit ihm kamen die Sterne. Ich lag in meinem Bett, die Bettdecke über den Kopf gezogen, die Taschenlampe in der Hand auf die Seiten gerichtet. Die Augen folgten den Lettern, die sich in meinem Kopf zu Wörtern, Sätzen, Geschichten formten. Plötzlich hielt ich inne: ein Geräusch! Was mag das gewesen sein? Hoffentlich nicht Mama, ich darf um diese Uhrzeit nicht mehr lesen. Doch dann wurde mir bewusst, dass ich seit nunmehr vier Jahren nicht mehr bei meinen Eltern wohne. Die Erkenntnis ließ mich schmunzeln.
Ich gab mich wieder den Seiten hin, tauchte in die Druckerschwärze, nahm das Schwert in die Hand und folgte den tapferen Recken. Stunden wurden zu Minuten und die Zeit an sich ein Meer, in das die Minuten wie ein Wasserfall hineinrauschten. Mit dem letzten Satz fing mein Herz an, wieder langsamer zu schlagen. Ich grinste und schlug die Decke zur Seite, um das Buch wegzulegen. "Sicher ist es schon sehr spät", dachte ich mir, "ich sollte längst schlafen". Als ich noch einmal zum Schrank ging, um mir für den nächsten Tag Sachen zurechtzulegen, kamen mir plötzlich Schimpftiraden entgegen.

"Eine Frechheit!" fauchte es aus dem Schrank. "Mich zu dieser unchristlichen Zeit zu wecken! Auch ich habe meinen Schlaf verdient!" Ich wollte meinen Augen nicht glauben, doch wie zum Beweis hustete es aus dem Schrank heraus: Dort saß, zwischen meinen Pullovern und den Inlinern, zwischen e-Gitarrenverstärker und T-Shirts der hustenden Drache. Wir blickten uns lange in die Augen. Er schmunzelte und ich wusste, er könnte mir nie böse sein. Wir fielen uns in die Arme. Alte Liebe rostet nicht.
Ich machte das Licht an und traute meinen Augen nicht. Dort oben, auf dem Schrank, saßen sie, in Reih und Glied: Die Feen, die Elfen, die Gespenster und alle winkten mir zu. Selbst die Monster unter dem Bett waren da, es hab ein großes Hallo. Man lag sich in den Armen, man lachte und tanzte; auch so manche Träne wurde aus dem Augenwinkel gewischt. Dann kam ich endlich zu der Gelegenheit, diese Fragen zu stellen, die mir so lange unter den Nägeln brannten: "Wo wart ihr? Warum seid ihr gegangen? Was ist passiert?"
"Wir sind nie gegangen", sprach das Monster, das immer noch unter dem Bett kauerte, "Du bist nur blind gewesen."
"Ja!" rief daraufhin ein Troll, der es sich in meinem Bettwäschestapel gemütlich gemacht hatte. "Wir haben Dich so oft gerufen, an Deiner Kleidung gezerrt und Dir in die Nase gezwickt, doch Du schienst uns zu ignorieren. Die meisten von uns waren nie weggewesen."
"Ja, die meisten von uns", fügte eine Elfe beteuernd hinzu, "aber nicht alle. Manche von uns sind wirklich gegangen. Was sollten wir tun? Die Ordnung in Deinem Kopf hätte uns krank gemacht, diese Aktenschränke, Schubladen, Sortierungen sind nicht unsere Welt."

Mit Tränen in den Augen gelobte ich Besserung, und die warmen Körper meiner Freunde, ihre Umarmungen und Küsse auf der Stirn zeigten mir, dass sie mir verziehen.


Donnerstag, 27. Juli 2006

Weiße Lilien im Fenster meines Großvaters.

Der Fluß der Zeit rief mich zurück (gestern) an den Ort, den man leicht übersieht (weil er nur stört). Ein langes Gespräch mit meiner Mutter über Vorahnungen und Vorfahren, über Menschen, über jene die ich nie kennenlernte und jene, die meine Mutter noch kennenlernen möchte. Die Zeit stand still in den wenigen Straßen dieses Dorfes. Alles schlich, was sich bewegte; alles flüsterte, was sprach.
Am nächsten Morgen (heute) ein Besuch meinerseits bei diesem 50 Jahre älteren, mir doch so vertrauten Mann. Gesenkten Hauptes die Straßen durchquert, die mir bekannt waren. Waren; nicht sind. Fragen, die einem in den Sinn kamen: Wünscht man herzliches Beileid, wenn man selbst Trauernder ist? Was sagt man in einer solchen Situation, wenn einem selbst doch die Worte fehlen? Aber leidete er nicht so unendlich viel mehr als ich?
Alles ergab sich von selbst, binnen Sekunden lagen sich zwei Männer unterschiedlicher Generationen mit Tränen in den Augen im Arm. In Trauer vereint. Ein Gespräch über das war war (viele Jahre vor meiner Geburt), über das war war (nach meiner Geburt) und über das, was war (in den letzten Wochen und Monaten). Sämtliche Erfolge der letzten Wochen meinerseits erschienen nicht mehr erwähnenswert.
Ein Blick durchs Zimmer und für einen Moment schien es mir wie ein dummer Irrtum: Alles sah aus wie immer, wie das letzte Mal vor wenigen Monaten, als ich hier war. Nichts schien sich verändert zu haben, es musste ein Fehler vorliegen. Gleich würde sie durch die Tür kommen, - vielleicht war sie auf Toilette oder im Garten oder Einkaufen - auf mich zugehen und mich begrüßen. Doch der kalte Schauer der Einsicht traf mich, hart und schwer: Die Tür ging nicht auf. Sie konnte schon lange nicht mehr gehen. Sie war seit Jahren nicht mehr einkaufen und im Garten. All das übernahm schon lange der Mann, der mir gegenüber saß. Und als hätte er meine Gedanken gelesen oder meinen hoffnungsvollen Blick zur Tür gesehen, schüttelte er mit dem Kopf. Und da fielen sie mir auf, die unerbittlichen Wächter der Zeit; Kalender und Uhr. Das Kalenderblatt wurde seit dem 23. nicht mehr abgerissen, sogar festgeklebt. Eine der Uhren stand auf kurz nach vier. Ein kalter Schauer machte sich zwischen meinen Schulterblättern breit.
Eine halbe Stunde später machten wir uns auf den Weg. Als ich durch das hölzerne Tor schritt, wurde mir bitterlich bewusst, dass ich hier seit vielen, vielen Jahren nicht mehr war. Und dass ich bis jetzt zum ersten Mal ohne sie hierhin kam: Früher (ich muss im Grundschul- / Orientierungsstufenalter gewesen sein), kam ich regelmäßig mit ihr hierher. Wir (sie!) kümmerten uns um das Grab einer Person, die ich nie kennengelernt hatte.
Und dennoch war sie hier: Sie wartete, nur wenige Schritte voraus, in unerbittlicher Ruhe, und harrte unserer Ankunft. Ein viel zu kleiner Raum, eine handvoll viel zu kleiner Menschen und eine viel zu große Holzkiste. Ohnmacht und Unmacht gaben sich die Hand. Konfuse Gedanken - Abwehrreaktionen und Verdrängungsstrategien! - schossen einem durch den Kopf: "Ein unschöner Raum, als wolle er dieses Dorf repräsentieren." Und mir wurde klar: Hier möchte ich nicht - nie! - landen. Nicht auf diesem Feld in diesem Ort.

An manchen Tagen hat die Sonne einfach kein Recht, zu scheinen.


Dienstag, 25. Juli 2006

Ein zu enges T-Shirt aus meiner Feder.

Ich stelle immer wieder fest: Einen (Lied-)Text zu schreiben, ohne vorher eine (zumindest grobe) Gitarrenmelodie zu haben, ist wie ein zu enges selbstbemaltes T-Shirt. Es ist schön anzusehen. Aber nutzlos. Und natürlich kann man sich vorgaukeln, dass es reiche, sich daran mit Blicken zu erlaben, ja, dass man es sogar anderen zeigen könne. Doch wem sollte es passen?

Der großartigste Musiker bringt nichts als ein knochiges Gedicht, staubige Poesie zustande, wenn der Windhauch fehlt, auf dem die Wolken seiner Worte schweben mögen.


Sonntag, 23. Juli 2006

Schauspieler sind selten ein Qualitätsmerkmal.

Oder: "Wenn die Deutschen eines können, dann ist es keine Filme machen."
Gestern habe ich "Was nützt die Liebe in Gedanken" gesehen. »Muss man gut finden!« schreit die intelektuelle Szene. Weil's in ist, diesen Film gut zu finden. Und weil's deutsch ist.
Ich bin wahrlich kein Cineast, doch nichtsdestotrotz kann ich von mir behaupten, nicht wenige Filme zu kennen. Und unter den besten Filmen, in deren Genuss zu sehen ich kam, befinden sich auch deutsche Produktionen. Dennoch scheint mir das Verhältnis nicht zu stimmen. Filme wie "Fickende Fische" / "Crazy" / "Schule" / "Good Bye Lenin" / "Herr Lehmann" und wie sie alle heißen, bekommen von mir keinen Applaus. Langweilig, blöde Story, schlechte Schauspieler.

»Schlechte Schauspieler?!?«, erbost sich jemand zu meiner Linken, »Wie kannst Du nur so etwas behaupten? Ich meine, ich kenne den Film nicht. Aber er muss gut sein, schließlich spielt Daniel Brühl mit!« Und während ich herzhaft gähne und mir - man verzeihe diesen Ausfall - am Sack kratze, stelle ich den Daniel-Brühl-Pappaufsteller neben die anderen Pappkameraden Ulmen, Harloff, Diehl unter das Schild mit der leuchtenden Aufschrift "Egal. Einfach nur egal." Schauspieler sind selten ein Qualitätsmerkmal. Weder in der BRD noch in den USA oder in Weitfortistan.

Und derweil schwarwenzelt der kleine Junge mit Indiescheitel und Emofressen-Klamotten ums alternative Kino, auf der Suche nach einer eigenen Identität, die Schuspieleraufzählung auf den Filmplakaten sorgfältigst studierend, um dann knurrend in einem Dörries-Film zu verschwinden. Ein letzter leiser Seufzer - denn eigentlich findet er den Film ja selber scheiße, doch für einen Platz abseits des Mainstreams nimmt man das nur allzugerne in Kauf. It was never easy to be independent.
Sorry, aber wenn das so ist, dann habe ich einfach keine Lust, Indie Subkultur hineinzupassen (*hehe* den konnte ich mir nicht verkneifen).


Und dennoch - wie zur Versöhnung - reiche ich Euch die Hand und zähle sie auf: Die Top 5 der deutschen Filme:
  1. Wie Feuer und Flamme
  2. Was tun wenn's brennt
  3. Schultze gets the Blues
  4. Das Experiment
  5. 23 - Nichts ist, wie es scheint
Anmerkung: Der Satz »Und unter den besten Filmen, in deren Genuss zu sehen ich kam, befinden sich auch deutsche Produktionen« ist absolut korrekt. Wollt's nur gesagt haben, bevor wieder Unkenrufe über mich hereinbrechen wie der Himmel auf einen gallischen Häuptling.


Freitag, 14. Juli 2006

Illustres Treffen am Waldesrand.

1: Die Flucht vor der Belanglosigkeit
Alles Getier im Haulewald duckte sich in seine Höhlen, Nester und Schlupflöcher.
Regen peitschte über das Land, Tropfen voller Sinnentleertheit endeten in Bächen von Belanglosigkeit. Fliegend - nicht zurückblickend - erreichte das verirrte Irrlicht Blubb das "rettende Ufer", die warmen Gestade der Metaphern, die Brandungen tieferer Bedeutungen. Hier schien die Welt in Ordnung, der bedeutungslose, aber dennoch tödliche Regen schien diesen Teil der Welt grundsätzlich zu verschonen. Während das scheinbar kochende Blut noch in den Adern des Irrlichtes pulsierte und sich zarte Schweißperlen auf der Stirn abzeichneten, blickte es umher. Unsteten Blickes schaute es sich in diesem fremden - oh, und doch zugleich so vertrauten - Gebiet des Landes um. Dort, hinter den Wipfeln der Platanen, zeichnete sich eine Rauchsäule ab. Von der Neugier getrieben schwebte das Irrlicht - in seiner nahezu himmlischen Anmut - auf den Rauch zu. Rastlos ließ es Kilometer um Kilometer, Meile um Meile hinter sich. "Es ist weiter...als es aussah...", keuchte das Irrlicht, das Ende seiner Kräfte verspürend, "doch, ganz ohne Zweifel: Es müssen Lebewesen sein." Von der Aussicht auf zwischen"menschlichen" Kontakt getrieben steuerte es weiter und ohne Unterlass auf die Rauchsäule zu, doch der Weg - der kurz zuvor einem Katzensprung glich - nahm kein Ende. "Wie können sie (ohne zu wissen, wer "sie" sein mögen) mir so nah scheinen...und doch...so unerreichbar fern sein?" japste das Irrlicht. Endlich, nach einer endlos lang scheinenden Reise (und mit Verlaub, sie dauerte in der Tat mehrere Stunden) erreichte Blubb, das Irrlicht, sein angestrebtes Ziel.

2: Ein illustres Treffen am Waldesrand
Langsam schob es sich durch dichtes Gebüsch und Gestrüpp, teilte Schleierfarne und Beerengewächse und kämpfte sich durch das unwegsame Unterholz. Mit weit geöffneten Augen starrte das Irrlicht auf das merkwürdig anmutende Bild, das sich ihm offenbarte: Dort, um das Lagerfeuer, dessen Rauchsäule aus der Ferne zu sehen war, gescharrt, saßen drei seltsame Gestalten: Ein Titan, der wie aus Stein gemeißelt schien - und dies ist nicht im übertragenen Sinne zu verstehen - ; eine kleine, winzige Gestalt (einem Gnom ähnelnd, doch die körperlichen Differenzen zu einem Gnom schienen frappierend; und eine dritte Gestalt, die das Irrlicht zweifelsfrei als Nachtalb erkannte. Sie vergnügten und amüsierten sich, hielten sich ihre runden Bäuche und ließen ihre Leiber vor Lachen erklingen. Das Irrlicht beobachtete diese illustre Gesellschaft noch einige Minuten und überlegte, den Blick starr auf den steinernen Titan gerichtet. Nach einer Weile fiel es ihm ein, es müsse sich um einen Felsenbeißer handeln, zweiffellos.

3: Die Kamera im Kopf
Langsam flog das Irrlicht auf die im Kreis sitzenden Personen zu. "Hallo, edle Herren", sprach es, "darf ich mich zu Euch gesellen?". Stumm wies der Felsenbeißer auf einen leeren Platz am Feuer und begann, sich vorzustellen: "Man nennt mich Pjörnrachzarck. Mit wem haben wir die Ehre?" Sich hinsetzend und immer noch um Atem ringend sprach es: "Blubb. Ich heiße Blubb!" Von seiner linken ertönte eine helle Stimme: "Ückück. Ich bin der Winzling Ückück, das hinter mir ist meine Rennschnecke. Diese dunkle Gestalt dort drüben ist Wúschwusul, der Nachtalb. Stille legte sich über die vier unterschiedlichen Reisenden. Ein Schweigen, dessen Gegenwart Blubb in seinem Körper zu spüren dachte.
Plötzlich, wie aus dem Nichts, sprach Pjörnrachzarck (der Felsenbeißer): "Erkläre uns die Welt!" Erschrocken schüttelte das Irrlicht den Kopf: "Nein! Nein, das werde ich nicht tun." Nicht, weil das Irrlicht es nicht konnte. Nicht, weil das Irrlicht es nicht wollte. Sondern, weil es nicht seine Aufgabe war. Mit einem Seitenblick sprach der Nachtalb Wúschwusul grinsend zu Ückück, dem Winzling: "Weil es glaubt, wir würden es nicht verstehen. Und weil uns diese Sache nichts angeht..."
"Nein!", widersprach Blubb, "das habe ich nicht gesagt oder behauptet!" "Aber gedacht", entgegnete der Winzling daraufhin voller Arroganz, "aber gedacht!" Wieder legte sich die Stille über die vier. Alle starrten ins Feuer, das lodernd und flackernd kleine Funken wie verirrte Glühwürmchen gen Nachthimmel stoben ließ. "Ihr habt keine Ahnung." dachte das Irrlicht bei sich. "Das einzige, was Ihr mit Sicherheit hattet, war nie eine Kamera in meinem Kopf."

Ihr hattet nie eine Kamera in meinem Kopf.

Es gibt zwei Arten von Menschen: Solche mit Phantasie und solche, die immer noch im Atlas nach Atréjus Heimat suchen.

Zum Nachlesen:
Metapher | Analogie | Neologismus

Anmerkung 01: Man möge mir die Verwendung solch merkwürdiger Namen wie Blubb nachsehen, jedoch habe ich sie mir nicht ausgedacht. Ich verweise hiermit auf Michael Ende.

Anmerkung 02: Ich hoffe, dass jene, die sich in diesem Artikel wiederfinden sollen, selbiges auch tun.


Donnerstag, 13. Juli 2006

"How long, how long will I slide?"

Kleine Geschichte von einem der auszog, das Lagern zu lernen.
Dieses und noch viel mehr.
Ich erinnere mich noch an meinen ersten Tag in der Berufsschule, damals vor vier Jahren. Es war ungefähr genauso heiß wie heute und ich war bester Laune ob meines neuen Lebens. Bei den Eltern ausgezogen, eigene Wohnung und ein Ziel vor Augen: Die Ausbildung zum Ende zu bringen.

Ich gönnte mir vorhin einen kleinen Spaziergang, vorbei am seichten Wasserlauf, durch Alleen von Azaleen. Ich habe es geschafft, der Fisch ist gelutscht. Das Ziel ist erreicht. In der Schule lernte man, dass auf ein erfolgreich abgeschlossenes Ziel möglichst bald ein weiteres folgen sollte - wenn möglich.
Ich bin fertig. Ich bin raus. Ich sollte lachen und jubilieren, ich habe ein zuckersüßes Abschlusszeugnis. Gott, ist das großartig. Und dennoch fühle ich mich leer.

Welche Ziele sollten in meinem Leben noch folgen? Der endgültige Einstieg ins Berufsleben ist der Anfang vom Ende. Zwischen Jetzt und Tod liegt nur noch eine unbestimmte Zeitvariable, gefüllt mit Luft und lieben Worten.
"With the birds I'll share this lonely view..."

Dennoch:

Urkunde
über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung
"Heilerziehungspfleger"
Herr St. Becker
geb. am xx.xx. 1982 in Goslar
erhält auf Grund des Gesetzes über Berufsbezeichnungen und die Weiterbildung in Gesundheitsfachberufen mit Wirkung vom heutigen Tage die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung
"Heilerziehungspfleger"
zu führen.



Anmerkung: Es befindet sich ein Satz im Text, der natürlich absoluter Unsinn ist. Aber ich musste ihn alleine wegen des Klanges reinsetzen, man möge mir diese kleine Unverfrorenheit des Gebrauchs stilistischer Mittel verzeihen.


Mittwoch, 12. Juli 2006

"Sind Sie vielleicht auch seelisch divergent, mein Freund?"

Auf der Durststrecke zwischen Abneigung und Ignoranz blitzt so manches Mal die Oase der Ähnlichkeit auf, die ein jeder jedoch gerne und mit einem lässigen Abwinken als Luftspiegelung abtut. Narretei der Sinne? Feindbildpflege kostet Zeit und erfordert Opferbereitschaft. Es gibt immer einen Grund, jemanden zu hassen, und manchmal überstrahlt dieser alle anderen Eigenschaften eines Menschen. Ein psychologischer Begriff dafür ist Halo-Effekt.
Es gibt keinen Krieg, in dem keiner fällt und die Realität ist mancherzeit ein leichtes Opfer. Auf jeden Krieg folgt Frieden - oder zumindest Waffenstillstand. Und verfeindete Fronten werden manchmal Freunde. Viele Stunden miteinander verbracht, den Akkorden auf ihrer Gitarre und den Texten aus ihrem Mund gelauscht, gelacht und geprügelt. Oh ja, geprügelt. Freunde kennen keine Berührungsängste.
Sie war die Erste, zu der ich ging, als mich meine Exfreundin damals verließ. Sie war die Erste, die es wagte ein anderes Ich unter der Fassade meines Seins zu vermuten. "Es ist schon komisch und ich komm sogar ins Schwitzen, wie wir beiden nebeneinander auf dem Teppichboden sitzen."
Gegen sie bin ich talentlos, das ist nunmal so. Ein kleines Licht, ohne Frage. Aber ein behütetes Licht.

Menschen kommen und Menschen gehen. Menschen kommen und Menschen bleiben. Menschen denken, Menschen fühlen. Menschen haben Einstellungen, Ansichten und Gefühle. Menschen ändern Einstellungen, Ansichten und Gefühle. Ein soziologischer Begriff dafür ist Paradigmenwechsel.

Was ist, wenn nun der Moment kommt, an dem einer die Worte sagt, die der andere vielleicht schon in stiller Minute dachte - oder aber Millionen Meilen weit entfernt von ist. Vor meiner Geburt sang Nena Kerner einst "Liebe wird aus Mut gemacht" und wahrscheinlich besang sie in diesem Moment die Quintessenz dessen, was zwischenmenschliches Leben erst möglich macht.
Zehn Menschen warteten auf das, was nach vier Jahren geschah. Mut. Was wäre gewesen, wenn sie ihn nicht gehabt hätte? Angst. Was wäre gewesen, wenn ich dem Zweifel nachgegeben hätte? Ich hätte nie eine der schönsten Sachen in meinem Leben gehört.

"Eine der schönsten Sachen, die ich in meinem Leben hören durfte.
Du weißt, was ich meine."

(Tomte, "Pflügen")

"Ihr wisst, was ich meine."




Anmerkung #01: In diesem Beitrag kommt zehnmal das Wort "Menschen" und einmal das Wort "zwischenmenschlich" vor. Damit scheint es mir, als sei dieser Blogeintrag der menschlichste, den ich je verfasst habe.

Ammerkung #02: Mein Dönermann zeigte sich sehr pikiert ob meiner abrasierten Haare.


Mittwoch, 5. Juli 2006

Und keiner holt Paul, den Deutschen ab.

"Niemand wird morgen von heut Nacht erzählen."
Okay, das war's für die deutsche Mannschaft. Sie sind raus und von mir aus auch stolz drauf. Lässige Sätze wie "Wir haben wunderbar gespielt!", "Wir haben unser bestes gegeben!", "Wenn es ein Elfmeterschießen gegeben hätte." - Mir fällt da nur ein Satz ein, den ich tausendmal von meinem Vater hören durfte: Wenn der Hund nicht geschissen hätte, hätte er 'nen Hasen gefangen. Wenn.
Ich saß vorm Fernseher (aber erst zur zweiten Halbzeit. Die erste verbrachte ich am See, zwischen Fanta, Eis und THC-Wolken.) und zwar zitternd. Dann, in der Verlängerung, so unsagbar kurz vorm Elfmeterschießen, das Tor für Italien. Ich sprang zum Fenster und brüllte meine Frede hinaus. Von gegenüber kam lediglich ein "Fresse, Arschloch!", gefolgt von einem schallenden Gelächter meinerseits. Dann - wieder vorm Fernseher:
"Wieso schlägt Dein Herz grad so dolle...?"
"Weil Italien den Spielstand halten muss. Sie müssen gewinnen...!"
Und sie taten es. Verdammt, wie geil. Steffi und ich fielen uns in die Arme lachten und freuten uns. 20 SMS wurde von mir versendet. Heureka, wie geil.
Heute Morgen (um 11:48), auf der Heimfahrt, genoss ich das Bild, das sich mich offenbarte: Traurige Menschen, keine Fahnen, keine schwarz-rot-braungold geschminkten Gesichter. Nur ein verlorener Fan saß am Waterloo in der Ecke, die Schminke von den Tränen verlaufen, seine Fahne schwenkend. Sicher saß er dort seit gestern Abend schon. Und keiner da, der Paul, den Deutschen, abholt. Aber was soll's, selbst in Trauer sind wir vereint. Deutschland rückt zusammen wie Adern bei Thrombose.
Ein paar Verblendete haben noch Fahnen in den Fenstern, aber sie sind eine Minorität. Und langsam kommen sie ans Licht: Meine Leute. Menschen, die grinsen und sich über die Niederlage ihres Heimatlandes freuen, die Bunten mit ihren durchgestrichenen Deutschlandfahnen. Und sie lachen allen Deutschen ihre Häme ins Gesicht. Ich bin mit dabei.

Und natürlich weiß auch die Bild-Zeitung in dieser für Euch Deutsche so schweren Zeit etwas aufmunterndes von ganz oben zu berichten:


(Bild, 05.07.2006)


Sonntag, 2. Juli 2006

"Die Einnerungssplitter liegen herum...ich tret rein!"

"Ich hab die Erinnerung gut gepflegt,
doch jetzt in diese kleine Kiste gelegt.
Schrauben - okay! - dann sitzt es fest.
Aber Nägel haben so etwas endgültiges..."

(Wohlstandskinder, "Sommer ist...")



In fünf Jahren werde ich diese Kiste hervorkramen, den Staub wegpusten und die Inschrift lesen. Die Hände werden über die Oberfläche tasten, der Mund wird die Worte "Hat mal was bedeutet" formen. Meine Hände werden die im Mundwinkel hängende Zigarette entflammen, ein letzter Seitenblick zur hinter mir verschlossenen Tür. Ein Glas Rotwein zu meiner Linken auf dem Boden, die Erinnerungen mit der großen Kelle schöpfen.
Aber eben erst in fünf Jahren.


P.S.: Der Ring passt nicht mehr über meinen Finger. Ein gutes Omen.


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In der Tat: Ohne Worte.
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Lone - 24. Feb, 19:11
God damn it.
Der Kerl heißt ja "McClane" und nicht "McLane". :(
Lone - 21. Feb, 17:45
Heiliger Shice!
Lone - 21. Feb, 15:13
öööööhm?
Wie war das gedacht mit einem Beitrag wöchentlich?...
Lone - 25. Dez, 15:58


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